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Bereits eine einminütige Behinderung eines Rettungswagens reicht für eine strafrechtliche Verurteilung inklusive Fahrverbot

Wird die Fahrt von Rettungsfahrzeugen um eine Minute verzögert, kann das zu strafrechtlichen Konsequenzen führen. Foto: GordonGrand - stock.adobe.com

Die Rettungsgasse an sich ist ein mittlerweile hinlänglich bekanntes Thema. Rettungsfahrzeuge werden allerdings oft auch in anderer Weise am Vorankommen behindert. Dass dabei eine einminütige Unterbrechung der Fahrt ausreichen kann, um strafrechtlich belangt werden zu können, hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm klargestellt. Es bestätigte die Verurteilung eines Mannes zu einer Gesamtgeldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 65 € sowie die Verhängung eines viermonatigen Fahrverbots als Nebenstrafe, weil der Angeklagte durch sein Verhalten die Weiterfahrt eines Rettungswagens zu einer schwer verletzten Person um mindestens eine Minute verzögert hatte (OLG Hamm, Beschluss vom 10.03.2022, Az.: 4 RVs 2/22).

Durchfahrt zu eigentlichen Unfallstelle blockiert

Auslöser des Geschehens war ein Alleinunfall einer älteren Radfahrerin, die sich dabei eine stark blutende Kopfverletzung zugezogen hatte. Ein Ersthelfer hatten das Geschehen bemerkt und sein Fahrzeug am Straßenrand abgestellt, um Erste Hilfe zu leisten. Schräg gegenüber hielt kurze Zeit später ein Einsatzfahrzeug der Polizei, wobei ausreichend Platz blieb, dass der Verkehr zwischen den Fahrzeugen hindurchfließen konnte. Gleichwohl kam es zu kleinen Rückstaus. Als sich der Angeklagte auf Höhe der Unfallstelle befand, näherte sich ein Rettungswagen mit Blaulicht und Martinshorn aus der Gegenrichtung. Der Angeklagte hielt allerdings so, dass er neben dem abgestellten Fahrzeug des Ersthelfers stehen blieb und die Durchfahrt des Rettungswagens zur eigentlichen Unfallstelle blockierte. Daraufhin entspann sich ein Wortgefecht mit einem der Polizeibeamten, in dessen Rahmen sich der Angeklagte über das parkende Fahrzeug und Polizei mokierte. Erst auf eine weitere Aufforderung hin fuhr der Angeklagte langsam ein Stück weiter, um dann aus dem Fahrzeug auszusteigen und durch die offene Türe erneut die Weiterfahrt des Rettungswagens zu behindern.

Bei schweren Unfällen zählt jede Sekunde

Die Blockade hatte nach glaubhafter Zeugenaussage insgesamt mindestens eine Minute gedauert. Dies reichte dem OLG, um die Verurteilung des Angeklagten wegen Widerstands gegen Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen, hier also den hilfeleistenden Sanitätern, in Tateinheit mit Beleidigung und mit falscher Verdächtigung zu bestätigen. Letztere Punkte hatten sich aus dem Wortgefecht ergeben. Zur Behinderung der Rettungssanitäter stellte das OLG klar, dass die einminütige Behinderung im konkreten Fall für eine tatbestandsmäßige Behinderung ausreichte. Gerade im Fall eines schwerwiegenden Verkehrsunfalls – das Opfer hatte eine stark blutende Kopfverletzung erlitten – könnten bereits denkbar geringfügige Verzögerungen von Rettungsmaßnahmen um nur wenige Sekunden schwerwiegende Folgen bis hin zum Tod des Opfers nach sich ziehen, so das Gericht. Da war es auch unerheblich, dass der Angeklagte den Rettungsweg doch noch freigegeben hatte.

Viermonatiges Fahrverbot als Denkzettel für rücksichtslosen Fahrer

Auch das viermonatige Fahrverbot stufte das Gericht als rechtens ein. Zwar hatten die diversen Punkte des Verfahrens zu einer knapp zweijährigen Verfahrensdauer geführt. Doch sah das OLG im Verhalten des Angeklagten ein solches Fehlverhalten, dass das Fahrverbot als Denkzettel angebracht war, um dem nachlässigen oder gar rücksichtslosen Fahrer die Möglichkeit zu geben, sich auf die Gefahren im Straßenverkehr zu besinnen und damit auch auf die Notwendigkeit, dessen Regeln zu beachten. Der Angeklagte habe sein Fahrzeug, so das OLG, im Straßenverkehr benutzt, um Rettungssanitätern die Zufahrt zu einer schwer verletzten Person zu blockieren. Er habe damit sein Fahrzeug in durchaus schwerwiegender Weise im Straßenverkehr missbraucht.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
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