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OLG Oldenburg sieht in den sogenannten Polizeiflucht-Fällen kein verbotenes Kraftfahrzeugrennen

Flucht vor einer Polizeistreife: Sind die Beamten aufs Stoppen des Fahrzeugs aus oder Teilnehmer eines Rennens? Foto: lexpixelart - stock.adobe.com

Flieht ein Pkw-Fahrer mit hoher Geschwindigkeit vor einem Polizeifahrzeug, das ihn verfolgt, stellt sich immer wieder die Frage, ob es durch dieses Fluchtverhalten auch zu einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen kommt, sodass der Fahrer entsprechend zu bestrafen ist. Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat aufgezeigt, warum es sich in solchen Fällen mit der Einordnung als verbotenes Kraftfahrzeugrennen schwertut (OLG Oldenburg, Urteil vom 14.11.2022, Az. 1 Ss 199/22).

Erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit

Der Angeklagte hatte, als er feststellte, dass ihm ein Streifenwagen folgte, stark beschleunigt. Nachdem die Polizeibeamten das Martinshorn eingeschaltet und ihm ein Anhaltesignal gegeben hatten, beschleunigte er weiter und missachtete das Rotlicht einer Ampelanlage. Anschließend befuhr er eine Straße, auf der eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h galt, mit mindestens 120 km/h. Die Polizeibeamten waren ihm zunächst gefolgt, hatten dann aber die Verfolgung abgebrochen, nachdem ihr Fahrzeug mehrfach aufgesetzt hatte. Kurze Zeit später konnte der Angeklagte gestoppt werden.

Fluchtmotivation spricht nicht automatisch für ein Ausreizen der möglichen Höchstgeschwindigkeit

Das OLG stellte klar, dass es als Revisionsinstanz auf die Prüfung beschränkt ist, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlauf sind. Und solche konnte es beim Urteil des Landgerichts nicht erkennen. Nicht zu beanstanden waren die Erwägungen, mit denen die Strafkammer zur Annahme gelangt ist, der Angeklagte hätte auf der ihm bekannten Strecke noch schneller fahren können. Auch die Feststellung, dass es sich beim Fahrzeug des Angeklagten um einen anderen Fahrzeugtyp als beim Polizeifahrzeug gehandelt habe, weswegen vom Aufsetzen des Polizeifahrzeugs nicht darauf habe geschlossen werden können, auch der Angeklagte hätte auf der Strecke nicht schneller fahren können, war dem OLG zufolge nicht zu beanstanden. Zudem wies das OLG darauf hin, dass aus einer Fluchtmotivation nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden kann, dass der Angeklagte die gefahrene Geschwindigkeit bis zur Grenze der situativ möglichen Höchstgeschwindigkeit steigern wollte.

Verzicht auf Ausreizen der Geschwindigkeit

Das OLG stellte klar, dass die Absicht, über eine nicht ganz unerhebliche Wegstrecke eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erzielen, entfällt, wenn der Kraftfahrzeugführer unwiderlegbar behaupten kann, er sei der Auffassung gewesen, noch schneller fahren zu können, darauf aber verzichtet habe. Da eine solche Situation im konkreten Fall vorlag, hatte das Landgericht eine Strafbarkeit wegen eines verbotenen Einzelrennen nach § 315 d Abs. 1 Nr. des Strafgesetzbuches (StGB) zurecht abgelehnt.

Polizeibeamte wollen nicht gewinnen sondern Tatfahrzeug stoppen

Und auch eine Strafbarkeit wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens nach § 315 d Abs. 1 Nr. 2 StGB war dem OLG zufolge zurecht verneint worden. Das Gericht stellte klar, dass Voraussetzung für eine solche Strafbarkeit die Teilnahme eines Kraftfahrzeugführers an einem Kraftfahrzeugrennen sei. Ein solches sei ein Wettbewerb zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten mit Kraftfahrzeugen, bei denen zwischen mindestens zwei Teilnehmern ein Sieger ermittelt werde. Übereinstimmend mit Stimmen aus der Literatur tat sich das OLG schwer, die Führer des Polizeifahrzeugs als Teilnehmer eines solchen Rennens einzustufen. Sie hätten nicht auf das Ziel der Veranstaltung, einen Sieg, hingearbeitet, sondern das Rennen so schnell wie möglich beenden wollen. Damit gab es laut OLG weder eine konkludente Rennabrede noch einen Wettbewerbscharakter.

Damit blieb es bei der Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlicher Missachtung des Rotlichts und einer vorsätzlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, was ihm eine Geldbuße von 300 € und ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat eingebracht hatte.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
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